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Wenn Griechenland tschüss sagt und Italien Buongiorno brüllt

Standort: Hafen Reggio di Calabria
38°07
55 N / 15°3910 E

 

Magie auf hoher See

Sie liegt nun hinter uns, die lange Überfahrt von Korfu in die Strasse von Messina. 244 Seemeilen, die mir im Vorfeld schwer im Magen lagen. Doch das Meer war uns gnädig. Ein sanfter Halbwind von Nordost, 10 bis 14 Knoten, hat uns die ersten 30 Stunden sanft gegen Italien geweht. Die Wellen blieben bescheiden, höchstens einen Meter hoch. So, als hätten sie beschlossen, mir einen besonderen Gefallen zu tun. Keine Spur von Seekrankheit, stattdessen konnte ich Remo bei den Wachen ablösen und habe eine erste, richtig entspannte Nachtfahrt unter Segeln erlebt.

Und dann dieser Himmel! Ein schwarzes Firmament, übersät mit Sternen, so klar und tief, als könnte man darin baden. Der Mond liess sich Zeit und erschien erst kurz vor Mitternacht, sodass die Milchstrasse frei über uns leuchtete. Sie strahlte grünlich, violett, die Sterne wolkengleich und fast unwirklich. Sternschnuppen fielen in regelmässigen Abständen, so das ich meine Wunschliste fast schon verschwenderisch füllen konnte. Weltfrieden, Matriarchat, glatte Ozeane für die nächsten zweitausend Jahre und noch so einiges Mee(h)r 😉. Für alle, die mich kennen: Ja, natürlich mit einem Augenzwinkern und trotzdem ganz tief aus meinem Herzen. Es war eine Überfahrt voller Magie, eine, die in Erinnerung bleibt.

 

Eigentlich wollte ich euch heute nicht mit galaktischen Schwärmereien behelligen, sondern mit zwei Geschichten, die uns Tränen vor Lachen beschert haben.

 

Episode 1: Die Dinghi-Matsch-Rettung

Unser letzter Stopp in Griechenland war in Sidàri, im Norden von Korfu. Nach einem stürmischen Gewitter am Vormittag nutzten wir das erste Wetterfenster, um mit dem Dinghi an Land zu fahren. Remo, seines Zeichens Meister der Parkplatzsuche, stets bemüht niemandem im Weg zu sein, band das Dinghi in einer unauffälligen Ecke am Fischersteg fest. Ich hingegen hätte am liebsten mitten vorne angelegt, schnell, praktisch, unkompliziert. Aber nach einem letzten Erlebnis, dass zu einem zugeparkten Dinghi geführt hat, haben ich versprochen meine Bemerkungen zur Parkplatzsuche für mich zu behalten.

Wir spazierten durchs Dorf, liessen uns vom «Elektrozahnbürstli-Apéro» verwöhnen und kehrten zufrieden zurück. Tja, und dann: Der Steg vollgeparkt mit zehn quietschgelben Mietbooten. Und unser Dinghi? Verschwunden! Wir entdeckten es aber rasch an einer Fischerboje mitten in der kleinen Bucht. Zu Remos Ehrenrettung muss ich hier festhalten: Es wäre keinesfalls irgendwem im Weg gewesen.

Remo, überzeugt, dass das Wasser höchstens knietief sei, stapfte los um es an den Steg zu bringen. Doch kaum hatte er den ersten Schritt gemacht, verschluckte ihn der schwarze, übelriechende Matsch bis zur Hüfte. Ich schwöre, die Götter des Olymps haben in diesem Moment vor Lachen die Bäuche halten müssen (und ich auch). Besonders als Remo mir mit ernster Miene erklärte, dass er mit den Zehen seine «Cibletten» noch suchen müsse, um sie auf keinen Fall dem Morast zu überlassen, bevor er herauskommen könne. Der Weg zum Dinghi war ein einziges Schmatzen, Rutschen und Zerren. Falls jemand zugeschaut hat (und wir sind sicher das jemand den Anblick genossen hat): Bitte, melde dich, damit wir das Video hochladen können.

 

Episode 2: Comandante Saverio – Entertainer auf vier Rädern

Kaum in Italien angekommen, wurden wir vom Marinero an einen gewissen Saverio verwiesen «Taxifahrer für alles». Und tatsächlich: Wenig später sassen wir in einem abenteuerlich verbeulten Fiat, pilotiert von einem 89-jährigen Energiebündel. Geschwindigkeitsbegrenzung 40 km/h? Saverio nahm das als Empfehlung und preschte mit 100 durch die Gassen.

Wir wollten unsere Wäsche zur Lavanderia bringen, roch doch das eine und andere Stück übel nach Moder und Morast (😊). Zu Saverio's «Überraschung» war diese allerdings sonntags geschlossen. Er quittierte diesen Umstand nur mit einem «Alora, andiamo a prendere und caffè!». Bei diesem erzählte er  von seiner Zeit als Frachtschiff-Comandante und Profiskipper, schwärmte von seinem eigenen Rotwein und von einer Salami die auch «fatto in casa» sei.

Die Rückfahrt führte nicht etwa zum Hafen, sondern in seine Garage. Dort präsentierte er uns stolz einen restaurationsbedürftigen Cinquecento und dann – wie ein Zirkusdirektor in der Manege – öffnete er mit theatralischem Schwung ein riesiges Tor. Dahinter, ein atemberaubender Blick über das glitzernde Meer der Strasse von Messina. Wir standen da wie Statisten in seiner Vorstellung, und Saverio genoss unser Staunen sichtlich.

 

Natürlich endete die Aufführung nicht ohne Kostprobe: Rotwein, Weisswein, Salami und Olivenöl wurden mit feierlicher Geste präsentiert, selbstverständlich alles zum Freundschaftspreis. So kehrten wir zwar ohne saubere Wäsche, dafür mit randvollen Vorräten und einem breiten Grinsen zurück auf unsere Rosalie

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