Standort: Ankerfeld vor Korfu Stadt (Old Venetian Fortress)
39°37′23.46″
N / 19°55′43.09″
E
Nach einem kurzen Heimaturlaub Ende August sind wir in den Herbst zurückgekehrt, und was für ein Herbst! Faszinierend, wie sich die Welt in so kurzer Zeit verwandeln kann. Ende August war noch alles voll. Charterbooten soweit das Auge reicht, Italiener in bester Sommerlaune, dazu diese wahnsinnige Hitze mit 35–40 Grad am Tag und tropischen Nächten über 25 Grad. Und dann, von einem Tag auf den anderen ist es, als hätte jemand einen Schalter umgelegt: Das grelle Sommerlicht wurde weicher, goldener, die Tage merklich kürzer und die Stimmung insgesamt entspannter. Ein kleiner Zauber, den wir uns nicht erklären können, der aber spürbar ist.
Mit den angenehmen Herbsttemperaturen (immer noch 30 Grad am Tag, aber endlich erholsame 15–20 Grad in der Nacht) richten sich auch unsere Gedanken langsam gen Norden. Die nächsten drei Monate wollen wir unseren Kurs nach Südfrankreich setzen. Der erste grosse Sprung steht unmittelbar bevor. Von Korfu nach Sizilien, in die Strasse von Messina. 230 Seemeilen in einem Rutsch. Ich gebe zu, bei langen Seepassagen habe ich immer ein wenig Bammel. 48 Stunden am Stück auf See sind für mich sehr lang. Aber erfahrungsgemäss dauert es höchstens einen halben Tag nach der Ankunft, bis ich mir denke: „Ach, so schlimm war’s doch gar nicht.“
Und trotzdem: Der Abschied von Griechenland fällt uns schwer. Wir haben unser Herz hier verloren. Die Menschen sind nicht nur freundlich und fröhlich, sondern auch stolz und heimatverbunden, ohne jede Arroganz. Sie strahlen eine Selbstverständlichkeit und Zuversicht aus, die uns tief berührt und die Seele wärmt. Selten haben wir uns irgendwo so sicher gefühlt. Nie haben wir unser Dinghi abgeschlossen, nie das Boot verriegelt, nie das Gefühl gehabt, besonders vorsichtig sein zu müssen. So etwas haben wir in keinem anderen Land und auch nicht zu Hause erlebt. Heute zum Beispiel sind wir an einem Kiosk vorbeigekommen, dessen Getränkekühlschränke draussen stehen. Nachts mit nichts weiter gesichert als einer einfachen Kette. Und niemand kommt auf die Idee, das aufzubrechen. Das ist für uns schlicht faszinierend.
Auch das Leben am Anker ist zu einem Stück Heimat geworden. In all den Wochen in Griechenland – ausser während unserem Heimaturlaub – haben wir keine einzige Marina angelaufen. Unsere Ankerwinde hatte zwar einiges zu tun, aber das Gefühl von Freiheit ist unbezahlbar. Kein Nachbarboot, das einem auf den Frühstückstisch schaut, sondern Platz, Himmel und Meer. Jetzt, da die Hauptsaison vorbei ist, geniessen wir das doppelt.
Der Abschied fällt uns nicht leicht. Doch die Vorfreude auf die kommenden Ziele trägt uns. Die Liparischen Inseln, Capri, Neapel, Rom. Dann weiter über Elba nach Korsika und schliesslich an die südfranzösische Küste. Neue Abenteuer und Begegnungen warten und wir freuen uns darauf sie zu erfahren und erleben!
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